Standesbeamte und Traurednerin

Heute möchte ich Euch mit auf eine Reise nehmen. Gerne erzähle ich euch von meiner Arbeit als Standesbeamtin und zugleich als freie Traurednerin.

Seit 2018 arbeite ich in einem kleinen Standesamt und daher begleitet mich das Thema „Hochzeit“ schon seit einiger Zeit. Nur wenige Menschen wissen, dass die Arbeit einer Standesbeamtin oder eines Standesbeamten viel mehr als nur Ehen zu schließen enthält.

Nach den Allgemeinen Vorstellungen vieler Menschen (dazu zählte ich mich übrigens auch, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich durch meine tägliche Arbeit das Berufsbild eines Standesbeamten besser kennenlernt habe), wird dieser Beruf oftmals als der Traumberuf bezeichnet, der lediglich von einer puren Romantik, einzigartigen Glücksgefühlen und einem großartigen „Ja, ich will“ umgeben ist. 

Standesbeamtin = Traumberuf?

Immer wieder begegnen mir Äußerungen wie: Du als Standesbeamtin hast doch einen tollen Beruf – alles dreht sich ausnahmslos um Paare die heiraten möchten und deren Glücksmomente du mit ihnen teilen kannst. Ehepaare zu trauen, ist eigentlich der kleinste Bestandteil meiner Arbeit. Im Internet werden wir Standesbeamten manchmal sogar als die Unverzichtbaren tituliert. Warum?

Es mag sich jetzt komisch anhören, aber wir begleiten jedes Menschenleben von der Wiege bis zur Bahre. Der eine oder andere wird jetzt sicherlich ein komisches Gefühl haben. Was haben diese wundervollen Glückmomente von denen wir gerade noch gesprochen haben mit dem Tod zu tun?

Ja genau, viele Menschen wissen einfach nicht, dass Standesbeamte innerhalb ihres Verwaltungsbezirkes für die Grunddaten der Bürgerinnen und Bürger verantwortlich sind. Alle Daten über Geburt, Eheschließung, Begründung einer Lebenspartnerschaft und zuletzt der Tod einer Person werden von uns zusammengefasst und abschließend offiziell dokumentiert sowie beurkundet.

Traumberuf ja – aber nicht immer …

Ich muss ehrlich zugeben; an manchen Tagen fällt es mir schon schwer eine Eheschließung zu zelebrieren, wenn ich am gleichen Tag vorher noch einen Todesfall beurkundet habe, der mich persönlich berührt hat (meistens bei jungen Menschen oder tragischen Unfällen).

In solchen Momenten erfordert es unheimlich viel Fingerspitzengefühl, denn an jedem dieser beiden Schriftstücke hängt ein Schicksal. Gerade das Gefühl macht es für mich und meine Arbeit so besonders, in diesen Momenten, auch Mensch sein zu dürfen und es nicht nur lediglich auf einer rein bürokratischen Ebene zu bearbeiten“.

Nun ja, ich bin mir sicher, dass der eine oder andere Leser jetzt das Gefühl hat…oh mein Gott, das hat ja nicht mehr viel mit Romantik zu tun. „Für mich sind die Eheschließungen der Höhepunkt meiner Arbeit.“ 

Ich liebe es einfach, sowohl als Standesbeamtin als auch als freie Traurednerin dazu beizutragen, mit den Brautpaaren eine wundervolle einzigartige Zeremonie zu erleben, in der Hoffnung, dass die Erinnerung ein Leben lang bleibt. 

Wollen wir eine Freie Trauung?

Und dann kommt der Moment, wo eine Entscheidung getroffen wird, weil die Paare sich die Frage gestellt haben; heiraten wir nur standesamtlich oder möchten wir unsere Liebe auch in der einer freien Trauung zelebrieren. 

Früher wurde die standesamtliche Hochzeit nur als das bürokratische Fundament einer Ehe angesehen. Die eigentliche Hochzeit wurde dann mit allen Zip und Zapp in der Kirche zelebriert. 

Heute hat sich das Blatt weitestgehend verändert. Immer mehr Paare heiraten aus den unterschiedlichsten Gründen nur noch standesamtlich und freuen sich, wenn sie innerhalb dieses Rahmens ihre persönliche Note mit einbringen dürfen. Einige Standesämter lassen sich mittlerweile diesen Mehraufwand dieser Individualität durch gesonderte Gebühren bezahlen

Aus meiner Sicht versuchen immer mehr Standesämter auf die Bedürfnisse und die Individualität der einzelnen Brautpaare einzugehen.

Die begrenzten Möglichkeiten und Vorurteile

Allerdings ist mir auch sehr bewusst, dass uns als Standesbeamten durch Vorschriften, Räumlichkeiten und dem Ambiente enge gestalterische Grenzen gesetzt sind. Dennoch gibt es immer noch Menschen, die Vorurteile gegenüber der Standesamtlichen Trauung haben und der Meinung sind, dass sie emotionslos und vor allem ein rein bürokratischer Akt sind. Meine Erfahrung sagt:  auch im Standesamt darfst du dich auf Emotionen und auf eine persönliche Eheschließung freuen.

Eine standesamtliche oder eine freie Trauung sind sehr verschieden und doch ist es eine Art Symbiose. Wer rechtlich verheiratet sein möchte, das heißt mit allen Rechten und Pflichten, kommt um den Weg zum Standesamt nicht vorbei. Denn eine freie Trauung ist nicht rechtsverbindlich und ersetzt auch nicht den kirchlichen Segen oder ein Sakrament.

Ich kann immer nur betonen, dass sich die freie Trauung ganz klar von einer standesamtlichen oder kirchlichen Trauung unterscheidet. Es gibt keine Regeln, Konventionen oder festgelegte Rituale anhand der Religion oder Herkunft. Das Brautpaar benötigt keinerlei Dokumente oder Urkunden, einzig und allein ein Vertrag mit dem Trauredner. Daher ist das Brautpaar in seinen Entscheidungen vollkommen frei, wie sie ihre Hochzeitszeremonie gestalten wollen. 

Wie alles begann …

Als ich neben meinen standesamtlichen Trauungen auch noch freie Trauungen begleitet habe, ging für mich ein großer Traum in Erfüllung.

Gemeinsam mit dem Brautpaar plane ich den Auftakt ihres großen Tages in einer freien Trauzeremonie. Jedes meiner Brautpaare ist individuell und hat seine ganz persönliche Geschichte. 

Daher ist es mir sehr wichtig eine genauso individuelle Trauzeremonie zu planen und durchzuführen, wo der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind nach dem Motto: „Alles kann – nichts muss! 

In einer lockeren, humorvollen Atmosphäre, versuche ich im richtigen Moment auch ergreifende und feierliche Augenblicke mit einzubauen, denn allein die richtige Mischung macht halt eine wunderschöne Trauung aus. 

Wenn man mich jetzt fragen würde: „Nicole was machst du lieber standesamtliche Trauungen oder freie Trauungen?“, dann könnte ich keine Entscheidung treffen, denn in beiden Trauungen stecke ich unheimlich viel Herzblut und Liebe hinein. Und da ich gerne Torte esse, kann ich abschließend nur sagen: ich liebe das Sahnehäubchen auf einer Torte, denn das beste kommt bekanntlich zum Schluss

Nicole Stüer
Freie Traurednerin